14.09.2022 | Faktencheck

Bund ermittelt gegen gefälschtes Plakat

Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine drosselte Russland mehrfach die Erdgaslieferungen nach Europa. Davon ist auch die Schweiz betroffen, auch hierzulande ist im kommenden Winter eine Gasmangellage möglich. Noch im Jahr 2021 stammte das verbrauchte Erdgas zum grössten Teil aus Russland.


 Mit dem Thermostat lassen sich die Temperaturen in den Innenräumen genau regulieren. Foto: Keystone-SDA / Christian Beutler
Mit dem Thermostat lassen sich die Temperaturen in den Innenräumen genau regulieren. Foto: Keystone-SDA / Christian Beutler
Behauptung

Um einen drohenden Gasmangel abzuwenden, soll der Bund angeblich einen Aufruf gestartet haben, Nachbarn zu melden, welche die Wohnung auf über 19 Grad heizen würden. «200 Franken Belohnung» würde man für die Denunzierung erhalten, steht auf einem vermeintlichen Plakat des Bundes. Will so die Schweizer Behörden eine Gasmangellage vorbeugen?

Quelle: Screenshot Facebook
Quelle: Screenshot Facebook
Beurteilung

Das Plakat ist gefälscht, eine derartige Forderung stammt nicht von den Schweizer Behörden, bestätigte der Bund. Die Behörden empfehlen eine Raumtemperatur von 20 Grad Celsius in den Privathaushalten.

Sachlage

Die Schweizer Behörden distanzierten sich auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA von dem Plakat, welches seit Samstag in den sozialen Medien kursiert. «Der Bund hat mit diesem Aufruf nichts zu tun und distanziert sich in aller Form davon», nimmt auch das Bundesamt für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) auf ihrer Homepage Stellung.


Die auf dem Plakat aufgeführte Telefonnummer ist zwar die des Bundesamtes UVEK, doch diese ist einfach im Internet zu finden. Das Bundesamt spricht von einem Missbrauch der Telefonnummer sowie des Logos der Schweizer Eidgenossenschaft: «Weder gibt es solche Plakate des Bundes noch entsprechende Aufrufe, es handelt sich offensichtlich um eine Manipulation.» Ermittlungsverfahren seien eingeleitet worden.


Auch andere Hinweise deuten auf eine Fälschung hin. So ist das für das Plakat verwendete Foto mit der telefonierenden Frau über eine Foto-Rückwärtssuche in der Bilddatenbank Alamy zu finden. Das Foto der Werbetafel und ihrer Umgebung ist in anderen Bilddatenbanken Freepik sowie auch Rawpixel zu sehen. Das Plakatfeld ist hier jedoch leer. Es ist daher durchaus möglich, ein Bild darüberzulegen und es wie ein echtes Poster aussehen zu lassen. Eine Recherche in der russischen Suchmaschine Yandex zeigt, dass das Hintergrundbild bereits in anderem Kontext erschienen ist. Dabei wurde die leere Werbefläche mit jeweils unterschiedlichen Bildern bestückt.


Seit längerem arbeiten die Schweizer Behörden intensiv an einer Lösung, um die drohende Energieknappheit abzuwenden. Aktuell ist die Versorgungssicherheit der Schweiz gewährleistet. Für den kommenden Winter sollen physische Reserven insbesondere in den Nachbarstaaten aufgebaut sowie die Möglichkeiten für den Erwerb von nicht-russischem Gas sichergestellt werden.


Der Wirtschaftsdachverband economiesuisse teilte Anfang September mit, dass Katar bereit sei, die Schweiz mit Flüssigerdgas zu beliefern. Solidaritätsabkommen mit Deutschland, Frankreich und Italien sollen bei Engpässen die nachbarschaftliche Unterstützung gewährleisten.


Ende August 2022 lancierte der Bund zudem eine Kampagne, welche über diverse Möglichkeiten zum Energiesparen informiert. Dabei hält der Bund die Empfehlung fest, die privaten Wohnräumlichkeiten auf maximal 20 Grad Celsius zu erwärmen. Im Badezimmer wird eine Temperatur von 23 Grad empfohlen, in den Schlafzimmern 17 Grad. Zudem wird geraten, in wenig genutzten Räumen die Heizung abzuschalten.


Ein Entwurf einer Verordnung zur Kontingentierung des Gasbezuges von Ende August 2022 sieht eine Beschränkung von mit Gas betriebene Heizungen von Innenräume eine maximale Temperatur von 19 Grad Celsius vor. Der Entwurf ist nicht verbindlich und die Konsultation dauert an. In einem Faktenblatt über die Massnahmen im Falle einer schweren Gasmangellage sieht der Bund erst an dritter Stelle eine verbindliche Beschränkung der Heiztemperaturen vor. Dabei werden erst öffentlich Gebäude und Büroräumlichkeiten betroffen sein, anschliessend die Privathaushalte. Dabei hält der Bund fest, dass die entsprechenden Verordnungsentwürfe erst im Falle einer schweren Mangellage in Kraft gesetzt werden und unter Berücksichtigung der aktuellen Lage angepasst werden.