28.12.2022 | Faktencheck

Swissmedic neu auch für immunologische Tierarzneimittel zuständig

Ab Januar 2023 ist das schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic für die Zulassung sowie Marktüberwachung von Impfstoffen für Tiere zuständig. Bis anhin lag die Zuständigkeit beim Institut für Virologie und Immunologie (IVI). Pharmazeutische Fortschritte im Veterinärbereich sowie in der Prüfmethodik veränderten die Anforderungen an die Impfstoffkontrolle. Anstatt das Institut für Virologie und Immunologie IVI den veränderten Anforderungen entsprechend auszustatten, wird die Verantwortlichkeit Swissmedic übertragen. Denn die Heilmittelbehörde verfügt bereits über die notwendigen Kenntnisse und die entsprechende Infrastruktur. 


Ein Veterinär impft am 1. Mai 2010 in Genf ein Schaf gegen die Blauzungenkrankheit (Katarrhalfieber der Schafe).               Die Blauzungenkrankheit ist eine hauptsächlich durch Insekten übertragene Infektionskrankheit der Wiederkäuer, die durch eine Virusinfektion verursacht wird. Sie trat im Oktober 2007 erstmals in der Schweiz auf. Foto: Keystone-SDA / Salvatore Di Nolfi
Ein Veterinär impft am 1. Mai 2010 in Genf ein Schaf gegen die Blauzungenkrankheit (Katarrhalfieber der Schafe). Die Blauzungenkrankheit ist eine hauptsächlich durch Insekten übertragene Infektionskrankheit der Wiederkäuer, die durch eine Virusinfektion verursacht wird. Sie trat im Oktober 2007 erstmals in der Schweiz auf. Foto: Keystone-SDA / Salvatore Di Nolfi
Behauptung

Die neuartige mRNA-Impfstofftechnologie zur Eindämmung von Sars-CoV-2 ist Gegenstand diverser Mythen geworden. Während der Covid-19-Pandemie wurde immer wieder fälschlicherweise verbreitet, dass die Präparate die menschliche DNA verändern würden. Nun kursiert zudem die Behauptung, dass Swissmedic plane, ab 2023 «Nutz- und Haustiere mit mRNA-Impfstoffen zu impfen». Die angebliche Absicht dahinter ist laut einem Tweet von Anfang Dezember 2022, «dass Gen-Impfstoffe durch den Verzehr von Fleisch von Nutztieren den menschlichen Körper erreichen».

Beurteilung

Das ist falsch. Weder verabreicht Swissmedic Impfungen, noch erlässt sie Impfempfehlungen. Auf Gesuch der Hersteller prüft die Heilmittelbehörde den Arzneimittelkandidaten und entscheidet entsprechend über die Marktzulassung oder –verweigerung. Ab 2023 übernimmt Swissmedic dieses Prüfverfahren auch für immunologische Tierarzneimittel. Es gibt aktuell keine zugelassene mRNA-Impfstoffe für Tiere, ein entsprechendes Gesuch liegt den Behörden nicht vor.

Sachlage

Die nationale Heilmittelbehörde prüft «auf Antrag von Gesuchstellern, ob Arzneimittel in der Schweiz zugelassen werden können», schreibt Alex Josty von Swissmedic auf Anfrage von Keystone-SDA. Die Hersteller von Tierarzneimittel entscheiden, wann welche Gesuche eingereicht werden, Swissmedic gehe «nicht aktiv auf Firmen zu und [fordere diese] auf, ein Gesuch einzureichen», schreibt der Mediensprecher weiter. Nur wirksame, sichere und qualitativ hochstehend Arzneimittel werden hierzulande auf den Markt gebracht, deren erhoffter Nutzen die potentiellen Risiken übersteigen, betont Josty.


Die Behördenstelle entscheide weder über die Anwendung von zugelassenen Arzneimittel, noch gäbe Swissmedic Impfempfehlungen raus. Die Kompetenzen von Swissmedic liegen lediglich bei der Zulassung und Marktüberwachung.


Krankheitsübertragung vom Tier auf den Menschen


Tiere können durch Viren erkranken und als Transmitter fungieren. Es ist anzunehmen, dass auf diese Weise bereits diverse Coronaviren auf den Menschen übertragen wurden. Immunologische Forschung im Veterinärbereich ist also auch für die Gesundheit der Menschen durchaus sinnvoll. So wird die Anwendung von RNA-basierten Impfstoffen für Tiere erforscht. Ziel dabei ist auch der Schutz der Konsumentinnen und Konsumenten von tierischen Produkten.


Aktuell gibt es jedoch noch keine zugelassene mRNA-Impfstoffe für Tiere in der Schweiz, schreibt Swissmedic-Sprecher Josty. Es liegt auch aktuell nicht einmal ein entsprechendes Zulassungsgesuch bei den Behörden vor. Somit bleibt es ungewiss, ob ein derartiger Impfstoff für Tiere überhaupt im Jahr 2023 in der Schweiz auf den Markt gebracht wird.


Regulation der Tiermedizin


Bevor ein Arzneimittel für Nutztiere zugelassen wird, muss laut Gesetz belegt werden, dass Konsumentinnen und Konsumenten tierischer Lebensmittel durch die Inhaltsstoffe von Tierarzneimittel nicht gefährdet werden. Dies ist unter anderem in der Arzneimittel-Zulassungsverordnung (AMZV) sowie im Heilmittelgesetz (HMG) geregelt.


Das HMG fordert bei Zulassungsgesuchen von Arzneimittel für Tiere, die für die Lebensmittelproduktion gehalten werden, unter anderem einen Rückstandsnachweis. Einem Zulassungsgesuch eines Tierarzneimittelkandidaten für Nutztiere muss also eine Dokumentation über die Rückstände beigelegt werden.


In Artikel 9 der AMZV wird dazu ausgeführt: «Wurden Untersuchungen an Nutztieren durchgeführt, so müssen sich anhand der eingereichten Unterlagen zusätzlich folgende Aspekte beurteilen lassen: die potenziellen schädlichen Auswirkungen von Rückständen des Wirkstoffes in Lebensmitteln aus behandelten Tieren auf den Menschen und die Schwierigkeiten, die diese Rückstände bei der industriellen Lebensmittelherstellung mit sich bringen können.»


Ob eine Übertragung von mRNA-Impfstoffen von Tieren auf den Menschen via Fleischkonsum möglich ist, ist noch Gegenstand der Forschung. Die Zulassungsbehörde stellt dazu klar: «Swissmedic wird bei eingereichten Gesuchen für mRNA-Impfstoffe sicherstellen, dass diese nur dann gutgeheissen werden, wenn sie den nationalen und internationalen Anforderungen an Qualität, Wirksamkeit und Sicherheit (inklusive Lebensmittelsicherheit) entsprechen.»


Genmanipulationsvorwürfe sind haltlos


Andeutungen, mRNA-Impfstoffe wie die Covid-19-Vakzinen von Moderna oder Pfizer/Biontech würden die menschliche DNA verändern, sind haltlos. Die DNA befindet sich im Zellkern, doch die mit dem Impfstoff injizierte mRNA bleibt ausserhalb des Zellkerns und baut sich zudem innert kurzer Zeit wieder ab. Auch bei einer natürlichen Virus-Infektion gelangt mRNA in den Körper. Zudem fehlen den Covid-19-Impfstoffen für eine Umschreibung der DNA die zwingend notwendigen Proteine.
Wie die mRNA-Covid-19-Vakzinen funktionieren, erklärte Keystone-SDA bereits in früheren Faktencheck