25.05.2022 | Faktencheck

Freiheitsstatue als Mass für den Meeresspiegelanstieg?

Das Klima in der Schweiz, geprägt durch die Topografie der Alpen, weist natürliche Schwankungen auf. Klimatische Entwicklungen sind ein globales Phänomen und beeinflussen auch das Klima in der Schweiz. Die Erwärmung hat das Abschmelzen der hiesigen Gletscher beschleunigt, was langfristig Folgen haben wird. So haben Naturgefahren wie Überschwemmung, Erdrutsche oder Schlammlawinen schon heute zugenommen. Aber auch der Meeresspiegel steigt aufgrund der zunehmenden Eisschmelze.  


Foto: Screenshot Facebook
Foto: Screenshot Facebook
Behauptung

Zwei Bildern der Freiheitsstatue, datiert auf die Jahre 1920 sowie 2020, stellen die globale Erderwärmung in Frage. Der Meeresspiegel rund um Liberty Island vor New York scheint auf beiden Bildern gleich hoch zu sein. «So sieht ein dramatischer Anstieg des Meeresspiegels aus», lautet der Kommentar im Sharepic, welches in den sozialen Medien kursiert. Ist die Freiheitsstatue das Mass für den Anstieg des Meeresspiegels?

Beurteilung

Fakt ist: Mit Bildern der Freiheitsstatue lässt sich der Meeresspiegelanstieg nicht beurteilen. Fakt ist ebenso, dass sich der Anstieg des Meeresspiegels pro Jahr im Millimeterbereich bewegt, was nicht mit blossem Auge auszumachen ist. Hinzu kommen die täglichen Schwankungen durch die Gezeiten, welche viel grösser sind (im Meterbereich). Wissenschaftliche Messmethoden sind um etliches präziser. Nur wissenschaftliche Daten beweisen den Anstieg und können nachweisen, dass dieser in den vergangenen Jahren drastisch zugenommen hat.

Sachlage

Beim Betrachten der beiden Bilder fällt keine Veränderung des Meeresspiegels auf, obwohl zwischen den beiden Aufnahmen angeblich 100 Jahre liegen. Als Mass für den Anstieg des Meeresspiegels eignen sie sich aus folgenden Gründen nicht:


1. Der Meeresspiegel verändert sich ständig – auch innerhalb eines Tages aufgrund von Ebbe und Flut. Unterschiede von 1,5 bis 1,9 Meter sind vor New York durchaus üblich, mitunter werden sogar mehr als 2 Meter gemessen. In einer Gezeitentabelle sind diese täglichen Schwankungen aufgezeichnet.


2. In einer Studie über die Bedrohung von New York City durch einen Anstieg des Meeresspiegels geht hervor, dass der Meeresspiegel seit dem Jahr 575 nach Christus um 1,70 Meter gestiegen ist. Die Autoren der Studie stellten fest, dass seit dem 20. Jahrhundert der Meeresspiegel um etwa 3 Millimeter pro Jahr ansteigt. Die aktuelle Anstiegsrate sei die höchste in den letzten 1500 Jahren.


3. Ein Anstieg im Millimeterbereich ist mit blossem Auge nicht auszumachen. Es gibt effektivere Messmethoden, den Meeresspiegel exakt zu erfassen. Einerseits können die gemessenen Pegelstände ausgewertet und verglichen werden. Andererseits liefern Satellitenbilder präzise Auskunft über die Veränderungen des Meeresspiegels.

 

Diverse US-amerikanische Forschungsinstitute beschäftigen sich mit dem Anstieg des Meeresspiegels und werten laufend Daten aus. Die Wetter- und Ozeanografiebehörde National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) verzeichnet seit Ende des 19. Jahrhunderts einen kontinuierlichen Anstieg des Meeresspiegels. Gemäss NOAA hat dieser im Jahr 2020 einen neuen Rekord erreicht, der Anstieg habe sich seit Beginn des 20. Jahrhunderts mehr als verdoppelt. Von einem Anstieg von 1,4 Millimeter pro Jahr sei er auf 3,6 Millimeter gestiegen.


Auch Satellitendaten der NASA veranschaulichen den Anstieg der Meeresspiegel deutlich. Zudem deuten Trends der Forscher auf einen weiteren Anstieg der Meeresspiegel hin.

Der Klimawandel als globales Phänomen ist auch in der Schweiz spürbar. Zu den Veränderungen zählen unter anderem die trockeneren Sommermonate, die heftigeren Niederschläge und die schneearmen Winter. Zudem werden vermehrt Hitzetage gemessen. Die Lage wird vom Bund zusammen mit diversen Forschungsinstitutionen ständig beobachtet. Auch diese prognostizieren einen kontinuierlichen und drastischen Anstieg des Meeresspiegels für die kommenden Jahre.