14.06.2023 | Faktencheck

Internationaler CO2-Vergleich – Wo steht die Schweiz?

Im Jahr 2050 soll die Schweiz klimaneutral sein. Am 18. Juni 2023 stimmt die Bevölkerung über das «Bundesgesetz über die Ziele im Klimaschutz, die Innovation und die Stärkung der Energiesicherheit» ab (Erläuterungen des Bundesrates, Download). Die Schweiz ist im Hinblick auf fossile Energieträger vom Ausland abhängig. Das zur Abstimmung stehende Bundesgesetz soll gemäss Behörden die Schweiz unabhängiger machen.


Container werden am Contargo Container-Terminal im Hafen Basel-Kleinhüningen im Juli 2020 auf ein Frachtschiff umgeschlagen. Die Schweiz importiert mehr Güter, welche im Ausland CO2 ausstossen, als sie exportiert. Foto: Keystone-SDA / Gaëtan Bally
Container werden am Contargo Container-Terminal im Hafen Basel-Kleinhüningen im Juli 2020 auf ein Frachtschiff umgeschlagen. Die Schweiz importiert mehr Güter, welche im Ausland CO2 ausstossen, als sie exportiert. Foto: Keystone-SDA / Gaëtan Bally
Behauptung

Stimmt es, dass bei Inkrafttreten des Gesetzes 5000 neue Windräder gebaut und die Energiekosten pro Kopf monatlich um 550 Franken steigen, wie in einem Video behauptet wird? Und ist die Schweiz tatsächlich für 0,1 Prozent des weltweiten CO2-Ausstosses verantwortlich?

Beurteilung

Weder die genannte Zahl der Windräder noch die Mehrkosten gehen aus dem Gesetz hervor. Es gibt mehrere Szenarien, die mit unterschiedlichen Kostenaufwänden verbunden sind - zum Teil deutlich weniger als die genannten 550 Franken. Im internationalen Vergleich stösst die Schweiz zwar innerhalb der eigenen Grenzen wenig CO2 aus, importiert aber viele Güter, welche im Ausland CO2-Emissionen verursachen.

Sachlage

Das Ziel einer klimaneutralen Schweiz ist auf mehreren Wegen erreichbar. Forscher der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (EMPA) und der École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL) haben drei mögliche Szenarien verglichen und die jeweiligen Kosten errechnet. Dabei wurde das Szenario der Elektrifizierung der Energieversorgung angeschaut insbesondere die Bereitstellung und Lieferung von Energie durch Wasserkraft, eine Wasserstoffwirtschaft mittels Solarstrom sowie die Versorgung mit synthetischen Treibstoffen – auch Synfuels genannt – aus Ökostrom.


Beim dritten Szenario dürfen bestehende Öl- und Gasheizungen weiter betrieben werden, auch Fahrzeuge, welche mit fossilen Brennstoffen betrieben werden, sind weiterhin zugelassen. Weitere Stauseen seien gemäss den Forschern für diese Lösung nicht nötig, dafür aber etliche Solarzellen. Das Synfuels-Szenario sei gemäss der Kalkulation verglichen mit den heutigen Energiekosten monatlich 550 Franken pro Kopf teurer. Beim Wasserstoff-Modell sei hingegen mit Mehrkosten in der Höhe von rund 120 Franken im Vergleich zu heute zu rechnen.


Mit wie vielen Windrädern oder Solarzellen der Ausbau von erneuerbaren Energien erreicht werden soll, ist nicht definiert. Georg Schwarz, ehemaliger stellvertretender Direktor beim Nuklearinspektorat Ensi, kritisiert gegenüber Medien die Energiestrategie des Bundes und geht davon aus, dass dafür 5000 neue Windräder notwendig seien.


CO2-Ausstoss der Schweiz


Es gibt mehrere Treibhausgase, den grössten Teil der Treibhausgasemissionen in der Schweiz und in der EU macht Kohlendioxid (CO2) aus. Mehrere CO2-Emissionsgrössen geben Auskunft über den effektiven CO2-Ausstoss eines Landes: Einerseits wird ermittelt, wie viel CO2 auf dem Territorium eines Staates ausgestossen wird. Dabei handelt es sich um produktionsbasierte CO2-Emissionen. Die Emissionen der importierten Güter werden hierbei nicht berücksichtigt, da diese im Ausland ausgestossen werden. Weiter gibt die Bevölkerungsgrösse darüber Auskunft, wie hoch der CO2-Ausstoss pro Kopf ist.


Nach Daten der EU stiess die Schweiz im Jahr 2021 etwa 35 Megatonnen CO2 aus, was etwa 0,1 Prozent des weltweiten CO2-Ausstosses entspricht. Dabei handelt es sich ausschliesslich um produktionsbasierte CO2-Emissionen.


Die konsumbasierten CO2-Ausstösse der Schweiz sind deutlich höher, im Jahr 2020 betrugen sie rund 107 Megatonnen. Die Schweiz importiert deutlich mehr Güter, bei deren Produktion CO2 freigesetzt wird, als sie exportiert. Weltweit gehört die Schweiz zu den grössten CO2-Importeuren.


Werden diese Grössen in Relation zur Bevölkerung von 8,7 Millionen im Jahr 2021 gesetzt, ergibt sich der CO2-Ausstoss pro Kopf. Bei den im Inland anfallenden CO2-Emissionen verzeichnet die Schweiz einen Pro-Kopf-Ausstoss von etwa 4 Tonnen und steht im internationalen Vergleich auf Platz 68. Handelsbereinigt sind etwa 12 Tonnen CO2 pro Kopf, was die Schweiz auf Platz 15 der grössten CO2-Verursacher einteilt. Auch der Bund schreibt auf seiner Webseite, dass der «Treibhausgas-Fussabdruck der Schweiz deutlich über dem weltweiten Durchschnitt» liege.