Todesfalle Kaugummi?
Todesfalle Kaugummi?
In der Schweiz sind von 205 brütenden Vogelarten 40 Prozent auf der Roten Liste der gefährdeten Brutvogelarten, 7 Arten gelten als ausgestorben. Auffallend ist, dass der Anteil der gefährdeten Arten besonders im Kulturland oder in Feuchtgebieten höher ist als in den Wäldern oder im alpinen Raum. Mit dem Verlust der Lebensräume schwindet auch die Artenvielfalt. Achtlos weggeworfener oder liegengelassener Siedlungsabfall gefährdet Pflanzen und Tiere. Wie registrieren Vögel trotz Littering, was geniessbar ist und was nicht?

In einem Sharepic wird behauptet, dass auf dem Boden liegende Kaugummis eine tödliche Gefahr für Vögel darstellen. Vögel würden dies für Brot halten und anfangen, daran herumzupicken. Der Kaugummi würde dann den Schnabel des Vogels verkleben, sodass die Tiere sterben. Stimmt das?
Es gibt keine Belege, dass Kaugummi eine tödliche Gefahr für Vögel darstellt. Experten erachten die Behauptung als übertrieben und unwahrscheinlich.
Die Behauptung ist schon älter. Bereits im Jahr 2009 nahm der amerikanische Sender CBS 21 News das Thema in der Sendung «Lie or Legit» auf. Dem Moderationsteam schrieben Experten auf Anfrage, dass Kaugummi an sich keine tödliche Substanz für Vögel darstellen würde. Spätestens beim Picken würden die Vögel merken, dass es für sie nichts Geniessbares sei.
Der damalige Direktor von ZooAmerica im Bundesstaat Pennsylvania meinte gegenüber dem Sender, dass es durchaus vorstellbar sei, dass ein grosses Stück Kaugummi bei einem kleinen Vogel im Atemweg stecken bleiben könnte. Ebenso wie bei Menschen sei dies auch bei Vögeln möglich. Generell ist den Experten jedoch nicht bekannt, dass jemals ein Vogel an den Folgen des Fressens eines Kaugummis gestorben sei.
Auch die Schweizerische Vogelwarte Sempach meint auf Anfrage von Keystone-SDA, dass ihnen «keine Fälle von Vögeln bekannt [seien], die an Kaugummis verstorben sind oder verklebte Schnäbel» gehabt hätten.
Vögel haben eine überdurchschnittliche Sehkraft
Die Nahrung registrieren Vögel vor allem über ihren Sehsinn. Dieser ist sehr gut ausgeprägt und spielt für Vögel eine zentrale Rolle, nicht nur bei der Futtersuche, auch bei der Partnersuche und bei der Erkennung von Feinden. Vögel sehen bunter und schärfer als Menschen und sie vermögen ultraviolettes Licht wahrzunehmen. Die Vogelwarte Sempach schreibt, dass reife Beeren im UV-Licht für Vögel leuchten und somit als essbar erkannt werden könnten.
Die Vogelwarte vermutet, dass Jungvögel durch Instinkte sowie von ihren Eltern und durch Ausprobieren lernen, was für sie geniessbar ist. Bei manchen Vogelarten helfe auch der Geruchssinn bei der Auffindung von Fressbarem. Dies sei jedoch noch nicht gut erforscht.
Mittels einer Foto-Rückwärtssuche lässt sich bei der Suchmaschine TinEye ermitteln, dass es sich beim Bild im Posting um ein Stockfoto handelt, welches eine tote Blaumeise abbildet. Diese Vogelart ist gemäss Schweizer Vogelwarte Sempach nicht gefährdet.
Auch nach 2009 kursierte die Behauptung weiterhin. Diese Behauptung ist von Faktencheckern rund um den Globus bereits in den Jahren 2019 sowie 2012 mehrfach widerlegt worden.
BAFU: Rote Liste der Brutvögel, 2021 (Download) (archiviert)
CBS 21 News: Über den Sender (archiviert)
CBS 21 News: Sendung über Behauptung, 04.08.2009 (archiviert)
Youtube: Sendung über Behauptung (archiviert)
Schweizer Vogelwarte Sempach: Blaumeise (archiviert)
Schweizer Vogelwarte Sempach: Wahrnehmung von Vögeln (archiviert)
NABU: Sehkraft von Vögeln (archiviert)
Vogel und Natur: Sehsinn von Vögeln (archiviert)
TinEye: Foto-Rückwärtssuche (archiviert)
Shutterstock: Bild mit toter Meise (archiviert)
Snopes: Faktencheck, 2012 (archiviert)
Hoax-Slayer: Faktencheck, 2012 (archiviert)
Africa Check: Faktencheck, 2019 (archiviert)
Mimikama: Faktencheck, 2019 (archiviert)
Kontakt Faktencheck-Team: factchecking@keystone-sda.ch