Subsidiärer Einsatz der Schweizer Armee am WEF
Subsidiärer Einsatz der Schweizer Armee am WEF
Zum diesjährigen World Economic Forum (WEF) reisten vom 16. bis 23. Januar 2023 etwa 2’500 Gäste nach Davos, darunter auch fast der gesamte Bundesrat, der die Gelegenheit nutzen wollte, bilaterale Gespräche zu führen.
Die Mehrheit der WEF-Teilnehmenden dürfte für die An- und Abreise ein Flugzeug benutzen. Sind dafür wirklich rund 1’000 Privatjets in die Schweiz geflogen, wie in einem Facebook-Post behauptet wird? Weiter heisst es, dass «5’000 Armeeangehörige im Einsatz» stünden, um die hochrangigen internationalen Gäste aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft zu «beschützen». Stimmt das?
Es wurde zwar mit mehr als 1’000 zusätzliche Flugbewegungen aufgrund des WEF-Treffens gerechnet. Das entspricht jedoch der Summe aller Start und Landungen von Flugzeugen in diesem Zeitraum, nicht der Anzahl der Privatjets. Die genaue Zahl der Armeeangehörige, die rund um das WEF-Treffen effektiv im Einsatz waren, ist nicht präzise bekannt. Die Schweizer Behörden stellen seit mehreren Jahren jeweils maximal 5’000 Armeeangehörige dem Kanton Graubünden und der Sicherheit des WEF subsidiär zur Verfügung.
Skyguide, welche für einen sicheren und reibungslosen Flugverkehr im Schweizer Luftraum sorgt, twitterte zu Beginn des World Economic Forums, dass mehr als 1’000 zusätzliche Flugbewegungen während der Veranstaltung von ihnen verwaltet wurden. Vladi Barrosa von Skyguide teilte auf Anfrage von Keystone-SDA mit, dass ein Flugzeug mehrere Flugbewegungen generiere. Jeder An- und Abflug – sei es auch nur jener ins Depot und zurück – seien einzelne Flugbewegungen.
Der Skyguide-Mediensprecher teilte mit, dass erfahrungsgemäss während einem WEF-Meeting etwa 450 bis 500 Privatflugzeuge in die Schweiz kommen. Eine Anfrage an die Organisation WEF blieb bisher unbeantwortet.
Armeeeinsatz
Für die Sicherheit des World Economic Forums sind die Behörden des Kantons Graubünden verantwortlich. Obwohl am jährlichen WEF-Treffen Bund, Kanton, die Gemeinde Davos sowie die Stiftung WEF zusammenarbeiten, obliegt die Koordination dem WEF-Ausschuss der Bündner Regierung.
Die Schweizer Armee unterstützt die Kantonspolizei Graubünden lediglich subsidiär. Wie der Bund und Parlament festlegten, dürfen in den Jahren 2022 bis 2024 jeweils maximal 5’000 Armeeangehörige Assistenzdienst für das WEF leisten.
«Wie viele Armeeangehörige in diesem Jahr effektiv im Einsatz stehen, können wir erst am Ende des Einsatzes sagen», schriebt Urs Müller von der Schweizer Armee auf Anfrage, während das WEF tagte. Gemäss den Erfahrungen der letzten zehn Jahre seien jeweils rund 4’000 Armeeangehörige im Einsatz gewesen, so der Armee-Kommunikationsleiter. Am 20. Januar 2023 zog die Schweizer Armee eine positive Bilanz über den Einsatz und meldete, dass insgesamt etwa 4'200 Armeeangehörige im Einsatz gewesen seien. Der diesjährige Assistenzdienst der Armee begann am 10. Januar und dauert noch bis zum 26. Januar 2023.
Um die Sicherheit des WEF-Treffens zu gewährleisten, fallen mehrere Aufgaben an. Der Bund ist für den Schutz von völkerrechtlich geschützten ausländischen Personen sowie für die Sicherheit des Luftraumes zuständig. Ein Teil der Armee schützt zudem Infrastruktureinrichtungen und ist in die A-, B- und C-Abwehr involviert, schrieb Müller. Dies beinhaltet Schutzmassnahmen gegen nukleare, radiologische, biologische und chemische Gefahren.
Des Weiteren unterstützt die Armee die zivilen Behörden logistisch und bietet Führungsunterstützung sowie Sanitätsdienst. «Durch die Wahrnehmung ihres Auftrags entlastet die Armee die Polizei und ermöglicht es dieser, bei Bedarf ihre Mittel konzentriert einzusetzen», schreibt der Kommunikationsleiter der Schweizer Armee.
Müller teilte mit, dass etwa die Hälfte der eingesetzten Armeeangehörigen im Landwassertal, wozu auch Davos zählt, vor Ort im Einsatz sei. « […] die andere Hälfte leistet den Dienst im ganzen Rest der Schweiz», schreibt Müller.
Finanzierung des WEF-Treffens
Für das WEF 2023 wird mit rund 9 Millionen Schweizerfranken Zusatzkosten für die Sicherheit gerechnet. Diese werden zu 3/8 von der Stiftung WEF, je 2/8 vom Kanton Graubünden und vom Bund, sowie zu 1/8 von der Gemeinde Davos getragen. 100’000 Franken steuert die Gemeinde Klosters zum Beitrag der Gemeinde Davos bei. Wird das Kostendach von 9 Millionen Franken überschritten, ist in einem dreistufigen Finanzierungsmodell seit 2004 vordefiniert, wie diese zusätzliche Kosten verteilt werden.
Falschbehauptungen über das WEF nichts Neues
Über das WEF und dessen Gründer Klaus Schwab kursieren mehrere Falschbehauptungen, die Keystone-SDA bereits in mehreren Faktenchecks widerlegt hat. Auch die Anzahl Privatjets, womit Gäste zu internationalen Konferenzen wie das WEF oder auch die Klimakonferenz COP27 reisten, ist immer wieder Gegenstand von Falschbehauptungen.
Bundesrat: Programm des Bundesrates am WEF 2023, 13.01.2023 (archiviert)
Bundesrat: WEF Annual Meeting 2023 (archiviert)
Bundesrat: Medienmitteilung über Bilanz der Armee zum WEF 2023, 20.01.2023 (archiviert)
Davos: Event WEF 2023 (archiviert)
VBS: Militärische Unterstützung WEF 2023 (archiviert)
VBS: Medienmitteilung Einsatz WEF 2023, 09.01.2023 (archiviert)
VBS: Sanitäre Massnahmen fürs WEF, 18.01.2023 (archiviert)
Tweet Skyguide, 16.01.2023 (archiviert)
Faktencheck von Keystone-SDA:
- Irreführender Wikipedia-Artikel über das WEF
- Automatisierung und ihre Auswirkungen
- Mit ungeimpften Piloten zum WEF?
- Der ökologische Fussabdruck einer Klimakonferenz
Kontakt Faktencheck-Team: factchecking@keystone-sda.ch